Dieser Wrestler stapelt 2.900 Burger-King-Werbespiele in seiner Garage
Spielesammler*innen bezahlen für seltene Titel häufig astronomische Preise. Leroy Patterson geht es mit seiner Sneak-King-Sammlung genau andersherum an. Wichtig ist ihm dabei vor allem eines: Über sich selbst lachen zu können.
Im April 2021 bricht ein alter Bekannter den Rekord für den höchsten Preis für ein gebrauchtes Videospiel. Für eine originalverpackte Version von Super Mario Bros. für das NES zahlt ein*e Käufer*in rund 660.000 US-Dollar. Obwohl dieser enorm hohe Preis eine Ausnahme darstellt, sind gerade ältere Videospiele häufig gutes Geld wert. Der Wrestler und Hobby-Spielesammler Leroy Patterson aus Kalifornien hat beispielsweise ein Exemplar des PS2-Horrorspiels Rule of Rose im Regal stehen, das er für 600 Dollar verkaufen könnte. Und obwohl Patterson mehr als zweitausend Spiele in seiner Sammlung hat, ist eines davon etwas ganz Besonderes: Das Advergame Sneak King. Denn davon besitzt Patterson nicht nur ein Exemplar, sondern über 2.900.
Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist für Patterson zur Passion geworden. Von 2001 bis 2011 arbeitet er als Tester in der Videospielbranche. Zum Spieler wird er schon als Kind, als er bei einem Freund seines Vaters das erste Mal einen Atari 2600 sieht. "Ich war wie weggeblasen davon, dass man das, was auf dem Fernseher passierte, steuern konnte", sagt er. "Das ganze Konzept, etwas mit einem Joystick zu kontrollieren, war verrückt für mich." Trotz seiner Branchenerfahrungen mit, wie er sagt, "einem der schlimmsten Jobs überhaupt", bleibt er seinem Hobby treu, auch, als er sein Geld schon längst mit Wrestling, kleinen Indie-Schauspieljobs und schmerzhaften Stunts verdient. Dank letzterem legt er 2015 auch den Grundstein für seine kuriose Sammlung.
Vom dummen Weihnachtsgeschenk zum YouTube-Format
Vor sieben Jahren stolpert Patterson in einem Second-Hand-Laden über eine Box mit 50 Exemplaren von Sneak King. Das Werbespiel von Burger King, in dem man das Firmenmaskottchen durch eine 3D-Umgebung steuern, sich an Personen heranschleichen und sie mit Angeboten aus der Karte der Fast-Food-Kette überraschen muss, wurde vom englischen Studio Blitz Arcade entwickelt und erschien 2006 neben zwei anderen Titeln als optionale kostenpflichtige Zugabe zu Burger-Menüs in den USA.
Patterson erkennt das Spiel von früher wieder, beschließt, die gesamte Kiste zu kaufen und die Spiele als dummen Witz zu Weihnachten zu verschenken. Als er sie zuhause in sein Regal stellt, kommt ihm allerdings eine bessere Idee. "Sie alle so an einem Ort versammelt zu sehen, hat mich einfach zum Lachen gebracht. Das war einfach so eine dämliche Art von Sammlung", sagt er. "Ich dachte also: 'Warum behalte ich sie nicht einfach?' Und jedes Mal, wenn ich zu einem Laden für gebrauchte Spiele gehe, nehme ich ein Exemplar mit." Bis vor zwei Jahren häuft Patterson so knapp 200 Stück in seiner Garage an.
Als Corona seinen Ausflügen einen Riegel vorschiebt, verliert er sich auf YouTube in der Welt der Videospielsammler*innen und beschließt, aus seiner ungewöhnlichen Sammlung ebenso Kapital zu schlagen, sobald es wieder möglich ist. Nur eben auf etwas andere Weise. "Als ich geimpft war, war ich wieder bereit, unter Leute zu gehen. Ich habe mich mit meinem besten Freund Bobby Ramos zusammengetan und eine YouTube-Serie namens Sneak Kingz entwickelt, die sich nur um das Spiel dreht", erklärt Patterson.
Die Idee, der Serie einen organischen Spannungsbogen zu verleihen, macht ein Zufallsfund von Pattersons Frau schon nach der ersten Folge zunichte: Ein Inserat über 1.000 Sneak-King-Exemplare, nur drei Autostunden entfernt. Natürlich schlägt Patterson zu. "Von sechs Stück in einer Folge zu 1.000 Stück in der nächsten zu sechs Stück in der übernächsten, das funktioniert nicht so wirklich", meint Patterson. "Wir haben aber andere Mittel und Wege gefunden, die Tradition am Leben zu halten." Ein Weg sei beispielsweise die Einrichtung eines Postfachs, an das Fans der Sendung ihre Exemplare von Sneak King schicken können. Motivation hat Patterson aber auch so genug, vor allem, weil von allen Burger-King-Spielen rund drei Millionen Stück im Umlauf sein könnten. "Bis jetzt ist noch kein Ende in Sicht", sagt der Sneak-King-Sammler. "Solange uns die Show Spaß macht und ich genug Platz habe, die Spiele unterzubringen, machen wir weiter."
Ist digital wirklich besser?
Wer Sneak King selbst spielen will, muss wie Patterson ein paar Euro in eine gebrauchte Xbox-Kopie investieren. Online ist das Spiel nicht verfügbar. Das ist mittlerweile die Ausnahme, denn physische Medien werden mehr und mehr durch digitale Varianten verdrängt verdrängt. Laut Daten von Newzoo machen physische Exemplare im Jahr 2020 rund 15 Milliarden US-Dollar der geschätzten 180 Milliarden US-Dollar Gesamtumsatz der Videospielindustrie aus, in Deutschland werden im selben Jahr 58 Prozent aller Spiele rein digital erworben. "Der Xbox Game Pass und Playstation Now sind super, ein großartiger Weg, um Spiele auszuprobieren, aber diese Dienste sind vergänglich", kommentiert Patterson die derzeitige Lage. "Außerdem geht es mir beim Sammeln um die Archivierung der Spiele. Ich denke oft an die ganzen Oldschool-Spiele, die man einfach nicht mehr bekommt und die ich vermisse."
Zwar dürfte es um die Verfügbarkeit frischer Exemplare für sein Herzensprojekt besser bestellt sein als um die von obskuren Titeln für längst vergessene Plattformen. Aber was passiert, wenn das Sneak-King-Abenteuer doch irgendwann zu Ende geht? "Das weiß ich noch nicht. Das Sneak-King-Sammeln dreht sich für mich immer um den Witz. Ich hoffe, wir finden letztendlich die beste Pointe dafür", sagt er. Wann es sich für den Sneak King ausgeschlichen hat, ist also noch offen. Warum Patterson sich überhaupt die Mühe macht, ist allerdings schon jetzt klar. "Wenn du diesen Haufen Spiele siehst und lachst, habe ich mein Ziel erreicht." Um mit seiner Sammelleidenschaft Schlagzeilen zu machen, muss man nicht unbedingt 660.000 Dollar ausgeben. Manchmal reicht eine dumme Idee und eine Person, die sie durchzieht.