Für Saudi-Arabien sind Videospiele mehr Image-Pflege als Kultur
Erst kauft Saudi-Arabien für eine Milliarde US-Dollar den E-Sport-Konzern ESL Gaming, jetzt veranstaltet es ein monatelanges Gaming-Festival. Was steckt dahinter?
2022 ist ein gutes Jahr für Deals in Milliardenhöhe in der Gaming-Branche. Take-Two kauft Zynga, Microsoft kauft Activision Blizzard King, Sony kauft Bungie, AppLovin will Unity kaufen. Bei derart großen Namen kommt es schon mal vor, dass kleinere, aber potenziell symbolträchtige Geschäfte weniger Aufmerksamkeit bekommen. So wie der Deal zwischen der Savvy Gaming Group und dem schwedischen Medienkonzern MTG.
Letzterer verkaufte im April 2022 den deutschen E-Sport-Konzern ESL Gaming für rund eine Milliarde US-Dollar an Erstere. Ändern soll sich laut ESL-Sprecher Daniel Ackermann dadurch erstmal nichts. "Unsere Organisationsstruktur ist dieselbe wie zuvor, unsere Vision und unsere Führung sind dieselben geblieben", sagt Ackermann auf Nachfrage. "Wir haben nicht vor, Veranstaltungen von einer Region in eine andere zu verlegen, es sei denn, dies passt zu unserer Gesamtstrategie."
So weit, so normal. Nur: Die Savvy Gaming Group (SGG) ist im Unterschied zu Sony, Microsoft oder Take-Two kein privates Unternehmen, sondern wird durch den saudi-arabischen Staat finanziert. Dieser investiert in den vergangenen Wochen ohnehin vermehrt in Videospiele. Neben dem ESL-Kauf richtet das Königreich derzeit auch das E-Sports-fokussierte Gamers8-Festival aus. Das sind nur zwei Beispiele für die Strategie des Königreichs, durch staatlich gelenkte Firmen positive Presse zu generieren und Popkultur offensiv und auf allen Kanälen als Imagepolitur zu nutzen, um von zunehmenden Repressionen abzulenken.
Weg vom Öl, hin zur Technologie
Ende Januar bot die Webseite des neu gegründeten Unternehmens noch Infos zur Zielsetzung unter dem Motto "Level Up The Playing Field", Computerspiele und E-Sport wurden als Werkzeug für "bessere Unterhaltung, Gesundheit und Bildung" bezeichnet. Wenige Tage später ging die Seite wieder offline.
Die SGG, die im Juni acht Prozent des schwedischen Publishers Embracer Group erwirbt, gehört dem 1971 gegründeten saudi-arabischen Public Investment Fund (PIF), einem der größten Staatsfonds der Welt mit einem Vermögen von etwa 580 Milliarden US-Dollar. Vorsitzender von beiden Organisationen: der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman, der für eine neue Ausrichtung des Golfstaats steht und das Königreich de facto regiert. "Unter Mohammed bin Salman ist aus einer Mehrprinzen- eine Einprinzenautokratie geworden. Er hat die meiste Macht auf sich als Person vereint, delegiert aber natürlich", erklärt Sebastian Sons.
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