Queere Spielemacher*innen leben mehr als nur eine Realität
Das Queer Games Bundle ist nicht nur spielerisch abwechslungsreich, sondern zeigt auch die endlose Vielfalt queerer Kreativität auf. Die LGBTQIA+ Community hat nicht umsonst einen Namen, der aus immer mehr Buchstaben besteht – es ist der Versuch, diese Vielfalt darzustellen.
Um nicht noch mehr über sie zu schreiben, sondern diese große Community selbst zu Wort kommen zu lassen, haben wir einige der über 400 Teilnehmer*innen des Bundles gefragt, wie ihre Realität als queere Spieleentwickler*innen aussieht und was sie tun würden, wenn sie wirklich ein Jahr lang genug Geld zum Leben hätten.
Das Ergebnis ist eine Reihe von Interviewfragmenten, die zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit schwanken – und einen Querschnitt durch eine Community bilden, die manches vereint, aber alles andere als homogen ist. Eins wird dabei klar: Diese Community gibt es, weil alle gerade trotz dieser unterschiedlichen Realitäten zusammenhalten.
"Es gibt so viel Kreativität und Genialität, die von queeren Spieleentwickler*innen ausgeht"
"Ich entwickle meine Spiele hauptsächlich, um persönliche Geschichten zu erzählen, die von anderen Entwickler*innen nicht erzählt werden", sagt J. "Fluffy" Shagam. "Es ist schwierig, Leute zu finden, mit denen man zusammenarbeiten kann, da alle anderen auch mit ihren eigenen Geschichten beschäftigt sind", sagt sie. Dafür unterstützt sie andere Entwickler*innen zum Beispiel mit Musik für ihre Game-Jam-Titel.
Trotz chronischer gesundheitlicher Probleme arbeitet sie wieder in Vollzeit als Softwareentwicklerin – weil ihre Ersparnisse aufgebraucht waren. "Hätte ich ein Jahr wirtschaftliche Freiheit, würde ich es nutzen, um weiter an meinen halbfertigen Projekten zu arbeiten", darunter eine Sammlung interaktiver Musikvideos, "und noch mehr Musik für andere zu machen, in der Hoffnung, dass ich das stattdessen zu meinem Vollzeitjob machen kann."
Die großen Firmen stellen ein paar Leute für eine einmalige Sache über die Queer-Community ein, und den Rest der Zeit scheinen unsere Geschichten und Ideen einfach nicht Teil der Mainstream-Gaming-Community zu sein.
Auch der Autor und Spieldesigner Misha Grifka Wander bezahlt seine Rechnungen mit einem Job abseits der Kunst. "Das ist gut, denn als queerer Spieleentwickler kann es sich so anfühlen, als seien unsere Spiele etwas, das man billig kaufen kann, anstatt etwas, in das man Zeit, Geld und Liebe investiert. Ich habe so viele Projekte, die ich zurückstellen muss, weil sie zu viel Zeit in Anspruch nehmen würden."
"Die großen Firmen stellen ein paar Leute für eine einmalige Sache über die Queer-Community ein, und den Rest der Zeit scheinen unsere Geschichten und Ideen einfach nicht Teil der Mainstream-Gaming-Community zu sein", sagt Grifka Wander. "Ich finde das schade, denn es gibt so viel Kreativität und Genialität, die von queeren Spieleentwickler*innen ausgeht, Dinge, die dein Spiel völlig verändern würden, ob du nun queer bist oder nicht."
Für Violet Fairy kämpfen queere Entwickler*innen mit ähnlichen Problemen wie nicht-queere Spielearbeiter*innen, haben aber ein "viel größeres Gefühl eines Zwecks". Das Erzählen von queeren Geschichte und die Hoffnung, "dass andere queere Menschen darin Freude und Hoffnung finden können" treibt die Entwicklerin an. "Als ich aufgewachsen bin, habe ich nie queere Geschichten zu sehen bekommen", sagt sie, "aber jetzt füge ich mit jedem Spiel, das ich entwickle, eine weitere Geschichte zu einem Werk hinzu, von dem ich hoffe, dass andere queere Menschen darin Freude und Hoffnung finden können"
"Als ich aufwuchs, fühlte ich mich in nichts repräsentiert"
Salman Eyes will einfach nur Geschichten über alte, schwule Männer schreiben. "Das ist wirklich alles", sagt er. Es gäbe nicht viele solcher Geschichten, aber das Feedback, das er online erhält, bestätigt eine Nachfrage. "Ich denke, wir schwulen Männer brauchen etwas, das gehaltvoller ist als eine durchschnittliche Liebeskomödie, aber weniger unangenehm als ein Drama, in dem es um die Härten der AIDS-Erkrankung geht."
Er könne sich etwa Geschichten über Länder vorstellen, in denen sich queere Menschen nicht gefahrlos outen können. Aber am liebsten möchte Eyes "weiterhin Geschichten über heiße alte schwule Männer schreiben, weil wir einfach nicht viele Geschichten bekommen, und das ist ein Jammer", wie er findet. "Ich möchte das Schwulsein feiern und all den Spaß, den es mit sich bringt."
Ich denke, wir schwulen Männer brauchen etwas, das gehaltvoller ist als eine durchschnittliche Liebeskomödie, aber weniger unangenehm als ein Drama, in dem es um die Härten der AIDS-Erkrankung geht.
Für den Londoner Peter Martingell hingegen ist die Spieleentwicklung ein Vollzeitjob – wenn auch nicht die an seinen eigenen Spielen. "Ich gehöre definitiv zu den Glückspilzen", sagt er. Geoutet habe er sich 2019 und auf der Arbeit gebe es keine Feindseligkeiten (und weitere queere Kolleg*innen). Nur in den Spielen seines Arbeitgebers haben queere Inhalte noch keinen Platz.
Dafür bleiben ihm nur die eigenen Spiele, die er in seiner Freizeit entwickelt. "Meiner Erfahrung nach scheinen Indie-Projekte im Moment der einzige Platz für echte, persönliche Queer-Geschichten zu sein", sagt Martingell. Wenn er solche Ideen im Büro anbringt, wird er bisher vertröstet: "Das machen wir das nächste Mal", hieß es. Der Wunsch, ein eigenes Studio zu gründen, lässt ihn entsprechend nicht los.
Auch das Team von Mystery Zone Games macht queere Visual Novels für Erwachsene. Sie sehen sich als Teil einer Nische. "Das bedeutet, dass du von vornherein weißt, dass du ein kleineres Publikum haben wirst", sagen sie, "das aber viel mehr in das, was du machst, investieren wird als ein allgemeines Publikum." Für sie ist die Spieleentwicklung auch dazu da, eine Lücke zu füllen, die größere, kommerzielle Studios nach wie vor nicht füllen können: "Du entwickelst wahrscheinlich queere Spiele, weil du zu dieser Zielgruppe gehörst und mehr Spiele für diese Zielgruppe entwickeln möchtest."
Ähnlich formuliert es Alex Thixton. "Für mich ist die Arbeit als queere*r Spieleentwickler*in eine absolute Liebesmüh", sagt Thixton. Diese Spiele entstehen "in sehr, sehr langen Nächten" nach dem Job. "Als ich aufwuchs, fühlte ich mich in nichts repräsentiert (außer vielleicht in Die Sims), und jetzt, wo ich älter bin, möchte ich diese Repräsentation für alle zugänglich machen."
Das Queer Games Bundle ist eine Möglichkeit, zumindest an geringe finanzielle Ressourcen zu kommen. Für Thixtons Traum von einem "wirklich umfangreichen Rollenspiel", das sich "auf den Aufbau einer Gemeinschaft konzentriert und bestehende Machtstrukturen in Frage stellt", reicht das noch lange nicht. Die Motivation bleibt eine andere. "Wenn jemand sagt, dass etwas, das ich gemacht habe, ihm geholfen hat, sich selbst ein bisschen mehr zu lieben, dann schmelze ich einfach dahin", so Thixton. "Was es für mich wert ist, ist, dass ich ein bisschen queere Freude in das Leben anderer Menschen bringen kann."
"Die meisten Leute stellen die Gemeinschaft immer vor sich selbst"
Dass das Bundle nicht nur queeren Entwickler*innen hilft, sondern auch untereinander Gemeinschaft erzeugt, davon ist Pan Tost überzeugt. "Die LGBTQIA+ Indie-Community ist ein großartiges Beispiel dafür, was wahre Aufgeschlossenheit zur Gesellschaft beitragen kann", sagt Pan Tost. "Die Möglichkeit zu haben, seinen Weg und seine Last mit einer Gemeinschaft zu teilen, die so verständnisvoll, hilfreich, fürsorglich und offen ist, fühlt sich wirklich großartig an."
Für Nami ist die Spieleentwicklung ein Hobby, an dem sie in jeder freien Minute arbeitet. "Indem ich Spiele mache, drücke ich mich selbst aus und zeige, wie ich mich in der Welt und in meiner Umgebung fühle." Gleichzeitig arbeitet sie mit anderen queeren Entwickler*innen zusammen. "Mein Team besteht größtenteils aus LGTBQ+-Mitgliedern in Ländern, in denen das nicht gern gesehen wird." Sie nutzt ihre Spiele auch, um das Bewusstsein für die Rechte queerer Menschen zu schärfen.
"Realistisch betrachtet wird mir das Bundle kein Jahr der finanzieller Freiheit bescheren", kommentiert sie die zusammengekommene Summe im unteren sechsstelligen US-Dollar-Bereich. Die Community hält dennoch zusammen. "Die meisten Leute stellen die Gemeinschaft immer vor sich selbst", sagt sie. "Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass ich ohne sie das Entwickeln von Spielen von vornherein aufgegeben hätte."
Im Heimatland von Aggroazteca sind diese Rechte eingeschränkt und das Outing eine Gefahr. "Es gibt dort einen reaktionären Vorstoß gegen queere Menschen – nicht dass es jemals besonders gut war, offen queer zu sein, vor allem als Schwarzer und offener Queer." Auch wenn Aggroazteca erst spät Zugang zu den notwendigen Tools gefunden hat, ist die Spieleentwicklung "die Verwirklichung von etwas, das ich mir mein ganzes Leben lang gewünscht habe."
Spiele seien "auch eine Chance, anderen zu zeigen, dass man es schaffen kann", sagt Aggroazteca. "Mit Zeit und Leidenschaft kann man etwas Wunderbares schaffen, auch wenn man später anfängt, als einem lieb ist." Ein Wunsch bleibt aber: Mehr Zeit, um an Game Jams teilzunehmen und die eigenen technischen Fähigkeiten zu verbessern.
Die unmittelbaren Familienmitglieder, mit denen ich zusammenlebe, sind meine einzige Quelle der Liebe und des Selbstwerts.
Rollenspiele anderer Art entwickelt Angela Quidam. "Die Tatsache, dass ich Indie-Autorin von Tabletop-Rollenspielen bin, deren Muttersprache nicht Englisch ist, stellt eine größere Einschränkung dar, als der queere Aspekt", sagt sie. "Ich mag experimentelle, kurze, nicht-fantastische Einzelspieler-Spiele", dazu noch in Französisch, was eine Nische in der Nische darstellt. "Zum Glück ist die Unterstützung der Community wunderbar und herzerwärmend."
Hätte Quidam ein Jahr finanzieller Freiheit, würde sie diese Zeit nutzen, um der Community etwas zurückzugeben, "mehr Indie-Tabletop-Rollenspiele ins Französische übersetzten, Anleitungen zu Barrierefreiheit schreiben und Tipps und Hilfe zum Grafikdesign für Spieleentwickler geben, die sich die Dienste eines Designers nicht leisten können." Diese Freiheit "wäre großartig, um andere Indie-Entwickler zu unterstützen und gemeinsam Wissen auszutauschen."
Auch die in Brasilien lebende Autorin Laura Lanford hat ihr erstes Spiel H2O extra für das Queer Games Bundle aus dem Spanischen übersetzt. "Mit dem Schreiben verdiene ich manchmal etwas Geld", sagt sie. Durch eine Kulturförderung konnte sie einen visuellen Roman als Android-App fertigstellen. "In den letzten 20 Jahren habe ich kontinuierlich so viele Dinge wie möglich gelernt, und wenn ich von mir selbst spreche, stelle ich mich nicht wirklich als Spieleautorin vor."
Mit ihrer Familie ist sie vor drei Jahren in eine Kleinstadt gezogen, wo sie allerdings kein Netzwerk aus queeren Mitmenschen hat. "Die unmittelbaren Familienmitglieder, mit denen ich zusammenlebe, sind meine einzige Quelle der Liebe und des Selbstwerts", sagt sie. Ein Schriftstellerverband sei ihr einziges Netzwerk.
"Mach das, was du liebst, und sei auf Angriffe von allen Seiten gefasst"
Obwohl Ashe Thurman mit romantischen Visual Novels Geschichten schaffen will, in denen sich queere Menschen wiederfinden können, hat sie selbst schon queerphobe Anfeindungen aus ihrer eigenen Community erlebt. "Ich habe als Synchronsprecher*in an einem Spiel gearbeitet, bei dem allein die Erwähnung, dass die männliche romantische Hauptfigur bisexuell ist, einen ganzen Sturm der Biphobie ausgelöst hat", erzählt Thurman.
"Wenn man sich mit Sexualität und Geschlecht in einer Liebesgeschichte beschäftigt, haben die Leute diese sehr expliziten Erwartungen, die manchmal an Fetischisierung grenzen können", denkt Thurman. Unter dem Namen Pixels and Pins entwickelt Thurman im Alleingang Spiele, auch wenn ein größeres Team erzählerisch "einen Platz für jeden geben würde, um sich selbst in der Geschichte zu finden."
"Als queere*r Künstler*in muss man sich in einem Minenfeld bewegen", sagen Cambion und Luciana von Sinspirational Games. Einerseits wird aus ihrer eigenen Community erwartet, dass sie queere Geschichten erzählen. "Wenn du trans bist, sollte sich deine Kunst um die Trans-Erfahrung drehen", sagen sie. "Wenn du ein schwuler Mann bist, solltest du dich dafür einsetzen, die Sichtbarkeit und das Verständnis für andere schwule Männer zu erhöhen, und so weiter."
Oft hat man das Gefühl, dass man als queerer Künstler keine wirkliche künstlerische Freiheit hat.
Erfülle man diese Erwartung nicht, würde das als "verleugnen" der eigenen Kultur erkannt. "Auf der anderen Seite betrachtet die Gemeinschaft der Cishets oft jede Darstellung queerer Charaktere als erzwungene Repräsentation", wenn sie genau das dann tun. "Oft hat man das Gefühl, dass man als queerer Künstler keine wirkliche künstlerische Freiheit hat." Egal was man mache, es würde als politisches Statement verstanden.
Auch Phage Maleficar stößt mit seinen Spielen in der eigenen Community häufiger an. "Die Bigotterie in der Gaming-Community überträgt sich auch auf die Indie-Entwickler*innen", sagt Maleficar. Besonders andere queere Entwickler*innen hätten eine Abneigung gegen die düstere Themen der Horrorspiele. "Die Liste der Dinge, an denen ich arbeite und die eine Inhaltswarnung erfordern, ist lang", so Maleficar. "Nicht viele Menschen in der Queer-Community wollen sich damit befassen. Daher fühle ich mich von der Entwicklung von Indie-Spielen als Ganzes sehr abgekoppelt."
Dieses Gefühl kennt auch Carlas Nick. "Die Realität ist, dass man am Anfang ein freies Gefühl hat und machen kann, was man will, wann immer man will", so Nick. Bei der Vermarktung merke man aber, "dass es leider eine Feindseligkeit gegenüber queeren Künstlern gibt, sogar innerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft, besonders gegenüber Trans-Personen."
Es sei für queere Künstler*innen "am besten, ein dickeres Fell zu haben, um die unvermeidliche Welle des Hasses zu überstehen, wenn man ins Licht der Öffentlichkeit tritt." Nicks Ratschlag: "Mach das, was du liebst, und sei auf Angriffe von allen Seiten gefasst." Dennoch sei die queere Community ein wichtiger Halt, "denn auch wenn sie wehtun mögen, sind die Fans von queeren Künstlerinnen und Künstlern die liebevollsten und aufgeschlossensten Fans, die du je haben wirst."
"Oft müssen wir in unsere Produkte investieren, ohne zu wissen, wann oder ob wir die Kosten jemals wieder hereinbekommen"
Ash M. ist trotz der Suche nach Gemeinschaft in der LGTQIA+-Community ein Stück weit desillusioniert, was die gemeinsame Arbeit an kommerziellen Spielen angeht. Vor einigen Jahren arbeitete M. mit einer kleinen Gruppe für einen Game Jam zusammen. "Das Team, das ich hatte, war in Ordnung, aber ich spürte definitiv, dass ich mich in vielerlei Hinsicht zurückhielt, aus Angst, nicht verstanden zu werden oder ungewollt konfrontativ zu sein."
Games sind für Ash M. eine Form der Katharsis. "Es ist für mich in vielerlei Hinsicht eine Form des emotionalen Ausdrucks und der Traumabewältigung", und sogar eine Form der Wunscherfüllung. "Ich baue eine Welt auf, in der die Menschen kurzzeitig leben und mit der sie auf eine Art und Weise interagieren können, die meiner Meinung nach einen Gemütszustand oder ein emotionales Befinden effektiver vermittelt als das bloße Sprechen und sogar effektiver als manche andere Kunstform es vermag."
"Es ist wirklich ein Vergnügen, Spiele über Themen zu entwickeln, die mich persönlich betreffen, vor allem auf Französisch", erklärt Azephir. Der Entwickler kreiert Titel im Bara-Genre, ein japanischer Genrebegriff, der so viel wie Schwulen-Comics heißt. "Es wäre einfacher, wenn ich mich nicht um die Rückzahlung meiner Kredite kümmern müsste", malt sich der Entwickler eine mögliche besser finanzierte Zukunft für queere Entwickler*innen aus. "Ich denke, ich würde weniger Zeit mit Marketing und mehr mit der Entwicklung von Spielen verbringen."
Dass die Lebensrealität von queeren Spieleentwickler*innen oft wenig glamourös ist, gibt Runa Liore Winters auf Nachfrage zu. "Ich arbeite in einem Vollzeitjob, um meine Arbeit als Spieleentwickler zu unterstützen und meine Entwicklungsbemühungen zu finanzieren", sagt Winters.
Fehlendes Budget und Zeit sorgen dafür, dass sie ihre Zeit und Energie stärker aufteilen muss als in einem Team, für Vermarktung bleibt da oft wenig Raum. "Deshalb sind Dinge wie das Queer Games Bundle großartig, weil es eine kollektive Anstrengung ist", erklärt die Entwicklerin, die mit unerwartetem Geldsegen zusätzliche Teammitglieder anheuern und "ein richtiges Studio gründen" würde.
Dieses Gefühl teilt auch Cassidy McKinney. "Die Realität fühlt sich manchmal hoffnungslos und einsam an", sagt McKinney auch angesichts der rasanten Inflation in den USA. Viel Arbeit ist schon in ihre Projekte Saturday Night War und Sword Senpai geflossen, "aber ohne die finanzielle Freiheit fühlt es sich irgendwie entmutigend an."
McKinney liebt die Reaktionen auf ihre Spiele. "Ich wünschte, ich könnte zu Hause bleiben und Tag und Nacht an neuen Spielen arbeiten und mindestens jeden Monat etwas Neues veröffentlichen", sagt sie, "aber das ist im Moment einfach nicht machbar." Ihr pessimistische Stimmung macht ihr ein schlechtes Gewissen. "Die Community ist großartig und die Leute, die mich unterstützen, haben mir jeden Tag geholfen, mich aufzurichten, und ich liebe sie dafür", sagt sie. "Es fühlt sich nur manchmal so an."
Die Verzweiflung kommt jedoch von dem unerbittlichen Bedürfnis, über die eigenen Spiele zu schreien, damit sie gesehen werden.
Auch Jon "Starshine" Greenall beschreibt das Dasein als queere*r Spieleentwickler*in als "eine Mischung aus Euphorie und Verzweiflung." Die Werke aus der Community seien toll, aber Aufmerksamkeit zu erlangen sei ein Kampf. Man befinde sich in einer "ständigen Tretmühle der Selbstvermarktung", um über soziale Medien oder Gaming-Publikationen ein größeres Publikum zu erreichen.
"Das bringt auch eine Menge Sorgen mit sich, denn oft müssen wir in unsere Produkte investieren, ohne zu wissen, wann oder ob wir die Kosten jemals wieder hereinbekommen", sagt Greenall. "Ich würde gerne ein Projekt in einem viel größeren Rahmen entwickeln." Ein Projekt mit genug Budget, um mit anderen Künstler*innen zusammenzuarbeiten und auf sie aufmerksam zu machen. "Aber trotz alledem" überwiege für Greenall "die Freude darüber, dass unsere Arbeit den Menschen gefällt, ist ein wunderbares, transzendentes Gefühl, mit dem sich nichts vergleichen lässt."
"Wir wollen, dass Videospiele als ausgereifte Ausdrucksmittel anerkannt werden und nicht nur als Geldmaschinen"
Xiri lässt der eigenen Fantasie bei der Frage, was sie sich mit einem Jahr finanzieller Freiheit vorstellen könnte, völlig freien Lauf. "Ein Initial-D-Arcade-Klon, in dem du mit anderen Autos Rennen fährst und dich verliebst, lass uns driften und einander lieben. Ein Rhythmusspiel wie Sayonara Wild Hearts, in dem zwei verliebte Jungs Gott zurückschlagen, um eine neue Zukunft zu schaffen!"
"Es steckt so viel rohe Energie und Kraft in diesem Bundle, dass ich mir nur vorstellen kann, was wir in einem Jahr schaffen könnten, ohne mit irgendetwas anderem jonglieren zu müssen." Egal wie groß oder klein der finanzielle Erfolg des Queer Games Bundles 2022 am Ende sein wird, kreativ ist es schon jetzt einer. "Ich meine, wenn man sich anhört, was schon da ist, dann ist das augenöffnend und aufregend."
Für das Zwei-Personen-Studio Owof Games "geht es um die Offenheit und Verletzlichkeit, die damit einhergeht, dass wir unsere eigenen Erfahrungen in ein Spiel einbringen, um über das zu sprechen, was uns wirklich am Herzen liegt." Sie würden gerne eine größere Kooperative gleichgesinnter queerer Kreativer organisieren, um sich gegenseitig besser unterstützen zu können. "Wir wollen, dass Videospiele als ausgereifte Ausdrucksmittel anerkannt werden und nicht nur als Geldmaschinen."
Es steckt so viel rohe Energie und Kraft in diesem Bundle, dass ich mir nur vorstellen kann, was wir in einem Jahr schaffen könnten, ohne mit irgendetwas anderem jonglieren zu müssen.
Für Lindsay Rollins steht die Spieleindustrie an einem Wendepunkt, was oft zu verwirrenden Botschaften zu ihrer Existenz als queere Spieleentwicklerin führt. "Es fühlt sich zwar ein bisschen eklig an, sich aufgrund seiner Homosexualität zu verkaufen, aber es kann auch notwendig sein, um sich Möglichkeiten zu sichern, die in der Vergangenheit oder in anderen Bereichen der Branche nicht so häufig zur Verfügung gestanden haben", so Rollins.
"Andererseits kann es zu furchtbaren Belästigungen führen, wenn du deine Homosexualität zur Schau stellst und dein Spiel ist für ein breiteres Publikum weniger interessant", sagt sie. "Das wäre kein Problem, wenn Spieleentwicklung nicht so extrem teuer wäre." Trotz dieses schwierigen Balanceakts will Rollins weiter queere Spiele kreieren. "Ich muss die Art von Spielen entwickeln, die ich da draußen nicht sehe und die mich als trans Frau ansprechen", ergänzt Rollins. "Denn ich weiß, dass es da draußen Menschen gibt, die diese Geschichten genauso dringend erzählt bekommen wollen wie ich."
Der gerade mal achtzehnjährige Barclay Travis hat Spiele als Ausdrucksform erst vor kurzem über den Trans Fucking Game Jam für sich entdeckt. "Der Einstieg in diese Welt war unglaublich", sagt er. Travis findet hier eine Gemeinschaft mit anderen und macht Spiele über seine eigenen Erfahrungen. In seinem ersten Spiel geht es darum, in einer lockeren Unterhaltung misgendert zu werden.
Mit finanzieller Freiheit würde er ein Jahr Pause vom Studium machen. "In der kapitalistischen Kultur wird die Vorstellung durchgesetzt, dass man wertlos ist, wenn man nicht produktiv ist, und es wäre unglaublich, dem für eine Weile zu entkommen", sagt er. "Im Großen und Ganzen geht es für mich als queeren Spieleentwickler darum, der Welt zu zeigen, dass Spiele nicht so sein müssen, wie wir sie immer gesehen haben", sagt Travis. "Zumindest sehe ich das so."