Wie die Krise den Traum vom eigenen Indie-Studio auf die Probe stellt
"Ich habe versagt" steht in der allerersten Zeile des Linkedin-Posts, den Dennis Quaisser im Frühjahr 2024 veröffentlicht. Quaisser ist der Gründer und Geschäftsführer des Indie-Studios Suspicious Games aus dem bayerischen Nittendorf. In dem emotionalen Post kündigt er dessen Ende an: "In den nächsten Monaten werden wir unser Games-Studio schließen."
Wegen ausbleibender Aufträge sei es für das erst 2021 gegründete Indie-Studio schlicht unmöglich weiterzumachen. "Mit unserem Team von sechs Leuten haben wir in den letzten drei Jahren Spiele entwickelt", schreibt Quaisser. "Das ist jetzt vorbei". Und mit dieser Erkenntnis sind sie nicht alleine.
Nach dem Boom der Corona-Jahre korrigiert die Spieleindustrie ihren Wachstumskurs. Auch in Deutschland wurden Teams verkleinert, Menschen entlassen, Studios geschlossen. Auch solche, von denen man es zuletzt erwartet. Wie Mimimi Games. Das renommierte Münchner Studio verkündet nur 12 Tage nach dem Release ihres letzten Titels Shadow Gambit die Nachricht vom Aus. Und das, obwohl sich das Team in seinem 15-jährigen Bestehen einen exzellenten Ruf aufgebaut hatte.
Manche geben lieber auf, als noch einen Produktionszyklus durchstehen zu müssen
"Nach dem Release von Shadow Gambit haben wir uns entschieden, dass nun die Zeit gekommen ist, unser Wohlergehen zu priorisieren und die Notbremse zu ziehen", schreiben die Gründer. Steigende Produktionskosten und das Ringen um Finanzierung, um Aufmerksamkeit, um Spieler*innen hat seinen Tribut gefordert.
Geschäftsführer Dominik Abé und Johannes Roth sprechen die prekäre Situation im öffentlichen Statement zum Aus des Studios deutlich an: "Wir haben die Hälfte unserer bisherigen Leben damit verbracht, immer ehrgeizigere Spiele zu schaffen. Das hat uns und unseren Familien viel abverlangt." Anstatt in den nächsten jahrelangen Produktionszyklus überzugehen, brauchten die Macher eine Pause.
"Gründen ist ja immer eine Herausforderung und mit Risiko verbunden", erzählt Quaisser. "Games-Startups sind eigentlich immer Risikokapital". So die Erfahrung von Suspicious Games, deren drei Geschäftsführer sich direkt aus dem Studium heraus selbstständig gemacht haben.
Besonders Indie-Studios wie Suspicious und Mimimi haben in Deutschland zu kämpfen. Allein in diesem Monat kamen mit Piranha Bytes und Flying Sheep zwei weitere dazu. Sie ringen um Sichtbarkeit in einem heillos übersättigten Markt. Wer als Indie-Studio auf Spielvertriebsplattformen wie Steam auffallen will, kann auch gleich versuchen, das Kamel durchs Nadelöhr zu treiben. "Es ist einfach unglaublich schwer, Sichtbarkeit im Mainstream zu erreichen", meint Nina Freeman.
Die US-amerikanische Indie-Entwicklerin hat sich mit Spielen rund um sexuelle Identität und Aufklärung einen Namen gemacht. Und weiß: "Der Großteil der kleinen, aber oft so wichtigen Spiele bleibt unsichtbar." Schade: Gerade die Studios, die unter notorischem Finanzierungsmangel leiden, nehmen besonders interessante Perspektiven ein und bringen das Medium als solches weiter.