"In der Kunst ist Gewalt so nah an Leidenschaft"
Wie kamt ihr auf die Idee für Post Void?
Christopher Andreasson: Die Arbeit an unserem vorherigen Spiel, Sea Salt, hatte uns ausgelaugt, unter anderem weil wir es für verschiedene Konsolen portierten. Danach wollten wir ein Spiel nur für uns machen. Ohne darüber nachdenken zu müssen, ob und wie gut es sich verkaufen wird. Wir hatten irgendwann die Idee aufgeschnappt, ein Spiel in nur zehn Wochen zu entwickeln und verliebten uns sofort darin. Also musste unser nächstes Spiel kleiner sein. Ein Konzept dafür hatten wir anfangs nicht. Wir wussten nur, es soll ein 3D-Spiel werden. Wir haben uns dann in einem Café getroffen und erste Ideen gebrainstormt.
Wie ging es dann weiter?
Josef Martinovsky: Es sollte auf jeden Fall ein First-Person-Spiel werden. Dafür hatten wir drei Konzepte: Ein Rennspiel, einen Arcade-Shooter und ein Spiel mit Story-Fokus. Letzteres flog schnell raus. Das hätte ewig gedauert. Der Arcade Shooter hatte einige gute Seiten, wie den Wiederspielwert oder wie schnell eine Runde vorbei sein kann – nach dem Motto "Drücke R um neuzustarten".
Das Rennspiel war allerdings auch attraktiv. Wir wussten, es sollte ohne Online-Komponente auskommen. Auch sollte es wahrscheinlich keine Runden haben. Wir dachten, gerade Strecken wären besser. Das kannst du wie alte Arcade-Rennspiele vorstellen, wo du unter Zeitdruck Checkpunkte erreichen musst.
Die ersten Ideen für Post Void kamen uns dann durch verschiedene Spiele, mit denen wir viel Zeit verbrachten, zum Beispiel Downwell. Auch das Tutorial von Titanfall 2 war eine Inspiration.
Andreasson: Wir wussten außerdem von Beginn an, unser Spiel sollte fokussiertes Gameplay bieten. Wir wollten eine Art Flow-Status erreichen, der so lang wie möglich anhält, und Leerlauf so weit wie möglich verhindern. Wenn ich mich richtig erinnere, sollte Stress recht früh eines der zentralen Gefühle werden. Unser Hauptgedanke war: Du bist immer kurz vorm Sterben. Sobald du wegschaust, bist du tot.
Nachdem eure ersten Konzepte standen, woher kam die Idee, die Gemälde von Francis Bacon als Stilvorlage zu nehmen?
Martinovsky: Ich war damals mit meiner Freundin in Irland. Wir haben dort ein Museum besucht, wo eine Menge seiner Gemälde ausgestellt waren. Sie zeigten außerdem sein Studio und einen Kurzfilm über sein Leben. Das alles war beeindruckend. Danach habe ich mich mehr mit ihm auseinandergesetzt und seine Gemälde haben mich zunehmend inspiriert.
Nachdem wir uns auf einen Shooter als Genre festlegten, und Post Void langsam Form annahm, dachte ich: Wäre es nicht cool, das Spiel im selben Stil zu zeichnen wie die Skizzen in meinem Notizbuch? Da war ich schon völlig absorbiert von Bacon und seiner Arbeit. Dann begann ich zu experimentieren. Was, wenn ich das hier mehr in seinem Stil zeichne? Was, wenn ich die Gesichter der Charaktere noch mehr verzerre? Oder wenn die Hintergründe ausschließlich in grellen Farben wären? Mir ist schnell aufgefallen, wie gut dieser Stil funktioniert, nicht nur für Post Void, sondern auch für die Art, wie ich per Hand zeichne.
Andreasson: Wir wollten außerdem etwas grundlegend Anderes machen. So arbeiten wir normalerweise in Game Jams. Bei Sea Salt wollten wir zum Beispiel mit künstlicher Intelligenz experimentieren. Post Void war dann die optimale Gelegenheit für mich, ein 3D-Spiel in einer 2D-Engine zu designen. Und du wolltest einen Stil ausprobieren, der deinen Handzeichnungen ähnelt. Ich weiß noch, wie fordern es für dich war, dass die Kunst im Spiel richtig aussah.
Martinovsky: Oh, absolut. Ich dachte so oft: Das sieht nicht gut aus, das wird niemals funktionieren. Es sollte mehr wie die Gemälde Bacons aussehen, aber das tat es nicht.
Andreasson: Es ist schließlich Pixel Art! Etwas in Pixel Art zu adaptieren, wird nie identisch aussehen.
Martinovsky: Stimmt. Mittlerweile bin ich auch glücklich über das Ergebnis. Im Moment der Arbeit kann man sich schnell verkrampfen. So vergisst man schnell, dass die eigene Arbeit ihren Wert hat, selbst wenn man "nur" einen anderen Stil nachahmt.
Du sagst, die Ausstellung war beeindruckend. Was genau meinst du damit?
Martinovsky: Es war komisch, weil die Gemälde so gigantisch sind. Manche sind bestimmt drei Meter hoch. Die Größe, die Menge an leerer Fläche auf den Gemälden, die Bildkomposition und die deformierten Körper, das alles war überwältigend. Ich weiß nicht, ob ich damals irgendwas besonderes gefühlt hatte. Aber mir fiel anschließend auf, wie massiv die Ausstellung mein Verständnis vom Zeichnen beeinflusste. Das war der größte Effekt. Auf welche Arten Hintergründe, Figuren, Menschen und Formen verschmelzen können, die mir vorher nie in den Sinn kamen.
Ich habe immer Ralph Steadmans Werke gemocht. Alles verläuft ineinander, überall sind Tintenspritzer und deformierte Charaktere, mit unmöglichen Gesichtern. Deswegen habe ich, denke ich, auch schon immer so ähnlich gezeichnet. Aber Bacons Werke zu sehen, war etwas völlig anderes. Es ist, als würde dich die schiere Menge an kreischenden Farben erdrücken. Ich habe für Post Void außerdem einige Gemälde im Stil von Mark Rothko gemalt. Die siehst du in den Korridoren des Spiels. Ich glaube, auch das war ein Versuch, meine Erfahrungen in der Galerie in Irland auszudrücken. Rothkos sind ebenfalls riesig. Ihre enorm starken, einfachen Farben und verschiedenen Farben finde ich cool.