Dark Souls erschuf ein Genre, in das niemand will
Vor zehn Jahren begründete das Action-Rollenspiel Dark Souls das Subgenre der Soulslikes. Davon gibt es viele, doch nicht alle wollen eines sein. Zwei Spielestudios erklären, wo From Softwares Produktion sie inspiriert hat – und wo nicht.
Als das japanische Spielestudio From Software 2009 Demon’s Souls veröffentlicht, ist den Entwickler*innen selbst noch nicht klar, dass sie damit den Grundstein für ein ganzes Genre legen. Sogar Präsident Hidetaka Miyazaki beschreibt den Erfolg als überraschend. Man wollte ein Spiel kreieren, das sich auf die Grundlagen der Videospielgeschichte beruft und Trends widersetzt. Die Konsequenz sind zunächst schlechte Kritiken und nur 20.000 verkaufte Exemplare. Innerhalb weniger Wochen wird der Titel unter Spieler*innen zum Geheimtipp, dessen späterer Erfolg den Weg für Dark Souls ebnet. Als der spirituelle Nachfolger 2011 erscheint, werden die Verkaufszahlen des Vorgängers in nur einer Woche überboten. Die Souls-Idee hat also ein Publikum gefunden. Aber was ist das überhaupt für ein Konzept, dessen Erfolg selbst die Macher*innen völlig unerwartet trifft?
Im Mittelpunkt steht ein Trial-and-Error-Ansatz, der nach wie vor abschreckend wirken kann: Die gleichen Abschnitte immer wieder spielen und darauf hoffen, etwas Neues zu lernen, bis der Sieg über den Level-Boss gelingt. Das düstere Fantasy-Setting, das vom europäischen Mittelalter inspiriert ist, tut sein übriges, um eine aufreibende und bisweilen unangenehme Erfahrung zu schaffen. Die Geschichte ist affektgeladen und kaum verständlich, die Bewegungen und Kämpfe mühsam. Trotzdem finden genug Entwickler*innen hier ihre Inspiration und genug Spielende eine Herausforderung: Bis 2020 verbucht die Dark-Souls-Trilogie inklusive des 2018 erschienenen Remasters insgesamt 27 Millionen verkaufte Exemplare.
Vom Nischenspiel zum Subgenre
Vermehrte Suchanfragen zum Begriff Soulslike erfasst Google erst 2015, ein Jahr nachdem der Nachfolger Dark Souls 2 erscheint. Grund dafür ist einerseits die Entwicklungszeit von Spielen. Mit der Veröffentlichung von Titeln wie Lords of the Fallen und Titan Souls ab 2014 braucht man einen Begriff für Spiele, deren Blaupause Dark Souls gewesen zu sein scheint. Andererseits steigtdie Popularität des Begriffs analog zum Erfolg der Reihe und der Nachfrage nach Spielen wie Dark Souls, eben Dark-Souls-Likes. Seitdem scheint der Begriff inflationär genutzt zu werden, allein auf Steam finden sich unter dem Tag "Souls-like" 703 Einträge. Jede verwirrende Geschichte mit imposanten Gegnern ist ein Soulslike, jedes "schwierige" Spiel sowieso.
Dabei spielt es kaum eine Rolle, in welcher Art und Weise Elemente aus Dark Souls aufgegriffen und verfremdet werden. Blasphemous ist ein Plattformer mit schnellen Hack-and-Slay-Kämpfen und atmosphärischer Story. Mortal Shell wiederum wirbt mit einer "zersplitterten Welt" und der Warnung, dass "Fehler tödlich enden" können. DarkMaus hebt seine RPG-Elemente und seine auf den Fähigkeiten der Spielenden basierenden Kämpfe hervor. Salt and Sacrifice setzt aufscheinbar undurchschaubare Spielsysteme in einer düsteren Welt und bietet einen rudimentären Koop-Modus. Jedes einzelne dieser Spiele wird als Soulslike bezeichnet.
Basiert das Subgenre also auf einer finsteren und möglichst theatralischen Geschichte, deren Setting eine verlassene Fantasy-Welt ist? Auf Kämpfen gegen imposante Gestalten, in denen jeder falsche Schritt zum Game Over und zum Verlust des Fortschritts führen kann? Oder doch auf nichtlinearen Leveln, wiederkehrenden Gegnern, Animationen, die nicht unterbrochen werden können?
"Die Dark-Souls-Spiele haben ein Spielprinzip in Reinform präsentiert"
Tatsächlich ist der Begriff so vage, dass alles davon wahr ist. Und nichts davon ist neu, wie Jan Klose, Managing Director bei Deck 13, erklärt. Die Dark-Souls-Spiele hätten "ein Spielprinzip in Reinform präsentiert, in seiner Essenz." Sein Team und er veröffentlichten 2014 Lords of the Fallen. Zur Veröffentlichung sieht sich das Spiel immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, es sei nur ein Dark-Souls-Klon. Immerhin setzt es auf strapaziöse Kämpfe im Fantasy-Setting. Dabei basiere die Idee zu Lords of the Fallen auf dessen inoffiziellen Vorgänger Venetica. In dem 2009 erschienenen Action-RPG bekämpft die Protagonistin den personifizierten Tod. Erst als es um die Frage des Nahkampfsystems geht, habe sich das Team mit Demon’s Souls beschäftigt. "Zu der Zeit hatte tatsächlich Demon’s Souls eines der besten Nahkampfsysteme, was es so gab. Da gab es noch kein Genre, da gab es ein Spiel, was die Sachen gut gemacht hat. Darum haben wir nicht gesagt, wir machen ein Soulslike", so Klose. "Wir haben immer versucht, etwas eigenes zu machen." Der erste Prototyp sei schon fertig gewesen als Dark Souls gerade veröffentlicht wurde, erinnert er sich.
Explizit schwer, wie Dark Souls zu Beginn mit dem Slogan "Prepare to die" beworben wurde, sollte Lords of the Fallen aber nicht sein. Der Fokus sollte weiterhin auf einer fairen herausfordernden Mechanik liegen, womit man sich von damaligen AAA-Produktionen abheben wollte: "Wir fanden es toll, dass man zu der Zeit wieder Spiele machen konnte, die wirklich herausfordernd waren. Da war gerade der ganze Hype um Uncharted und Assassin’s Creed, wo man quasi einen Film spielt statt ein Spiel." Was Dark Souls für Klose ausmacht und die weitere Produktion von Lords of the Fallen beeinflusst, ist das feste Regelwerk und die Präzision, mit der Charaktere gesteuert werden können und müssen, um im Kampf erfolgreich zu sein: "Das Spiel stellt dir gemeine Fallen. Aber du kannst alles verstehen und deswegen kannst du es meistern."
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