Das neue Monkey Island ist eine Rückkehr zu 30 Jahren Spielegeschichte

1990 ist "The Secret of Monkey Island" erschienen – und weckt bis heute nostalgische Erinnerungen an Piraten, Grog und Beleidigungsduelle. Der Erfinder blickt zurück auf die goldenen Zeiten eines Genres.

Das neue Monkey Island ist eine Rückkehr zu 30 Jahren Spielegeschichte
Früher war alles piratiger. (Quelle: Lucasfilm, Disney)

Ron Gilbert glaubt nicht an magische Zahlen. "30 bedeutet nicht mehr als 29 oder 31", sagt der Gamedesigner 2020 anlässlich des runden Jubiläums, das traditionell viele Geburtstagskinder nervös macht. Als kreativer Leiter von Maniac Mansion und The Secret of Monkey Island hat Gilbert das Fundament für den Point-and-Click-Hype der Neunzigerjahre gelegt. Besonders sentimental scheint ihn der Dreißigste allerdings nicht zu machen.

Monkey Island und sein Protagonist, der Möchtegern-Pirat Guybrush Threepwood, sind für Adventures das, was Tony Hawk für Skateboard-Simulationen und Command & Conquer für die Echtzeitstrategie sind: Klassiker, die synonym für ein Genre stehen, das seine goldenen Zeiten längst hinter sich hat. Drei Jahrzehnte später kehrt Gilbert nun mit Return to Monkey Island doch noch einmal mit einem neuen Spiel zurück in seine Piratenwelt. Aber wie gut ist das Original gealtert?

"Du kämpfst wie eine Kuh"

Wer The Secret of Monkey Island einmal gespielt hat, erinnert sich wahrscheinlich noch an das Rezept für den Piraten-Cocktail Grog, der mit Batteriesäure und Speisefarbe hergestellt wird. Oder an das Beleidigungsduell mit der Schwertmeisterin. Und natürlich an die entwaffnende Retoure auf den Vorwurf, man kämpfe wie ein dummer Bauer. Die lautet natürlich: "Wie passend… Du kämpfst wie eine Kuh." Oder an das zum Running Gag gewordene Ablenkungsmanöver: "Hinter dir, ein dreiköpfiger Affe!"

Warum Monkey Island in der sonst so schnelllebigen Spielekultur noch immer präsent ist, kann sich auch sein Erfinder nicht genau erklären. "Das werde ich oft gefragt", sagt Gilbert, ohne selbst eine Antwort zu haben. "Es war einfach ein Spiel, das wir mit Mitte zwanzig gemacht haben und dabei viel Spaß hatten." Gedanken über die Zukunft habe man sich damals nicht gemacht.

Seitdem haben sich mehrere Generationen von Gamern die Köpfe an Rätseln über die korrekte Übersetzung von Universalschraubenschlüsseln zerbrechen können. Im Original auf dem Heimcomputer von Amiga und Atari, als raubkopiertes Retrospiel im Emulator ScummVM oder als Remake mit komplett überarbeiteter Grafik auf dem iPhone.

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Aus zwei Wochen wurden drei Monate, aus einem Jahr schlussendlich drei. Der Produzent von Studio Fizbin erklärt, warum das Team länger gebraucht hat als geplant.
Studio Fizbin versucht das Adventure für ein modernes Publikum zugänglich zu machen.

"Monkey Island" war nicht nur etwas für Hardcore-Gamer

Wie sehr sich Videospiele in dieser Zeit veränderten, bekommt die Monkey-Island-Entwicklerfirma LucasArts Ende der Neunziger spüren. Ihr heimliches Meisterwerk Grim Fandango geht zwischen der actionreicheren 3D-Konkurrenz von Half-Life, Metal Gear Solid und Ocarina of Time unter und trägt damit gleich das ganze Genre zu Grabe.

So richtig sind die geduldig zu klickenden, dialog- und rätsellastigen Adventures in der neuen Spielewelt nie angekommen. 2000 erscheint das letzte Adventure von LucasArts. Escape from Monkey Island ist der vierte Teil der Serie, mit der vieles begonnen hat. Ron Gilbert und seine beiden Co-Designer, Tim Schafer und Dave Grossmann, hatten die Firma zu dem Zeitpunkt bereits verlassen.

Die Ideen des Adventures leben im Mainstream in interaktiven Filmen wie Life is Strange weiter – ohne die damals typischen Rätsel. "Als Monkey Island rauskam, gab es nur Hardcore-Adventure-Gamer", erinnert sich Gilbert. "Mit der Zeit ist die Zahl der Leute, die spielen, gewachsen." Mit dem größeren Publikum veränderte sich auch der Geschmack der Massen.

"Viele Spielende sind heute eher an einer Erfahrung als einer Herausforderung interessiert", so der Gamedesigner. Zur Unterhaltung gäbe es heute eine so große Auswahl, dass Spieler*innen einfach zum nächsten Spiel oder der nächsten Serie weitergingen, anstatt sich an einem kniffligen Puzzle festzubeißen.

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Ingo Stuckenbrock liebt Point-and-Click-Adventures auch heute noch.

Gealtert wie ein guter Grog

Dabei gibt The Secret of Monkey Island, anders als sein Vorläufer Maniac Mansion, eine erstaunlich gute Figur ab. 2009 erscheint eine Special Edition mit Grafik-Update und neuer Vertonung. Den Charme der Pixel erreicht der glattgebügelte Cartoon-Look zwar nicht, aber dafür wird die Bedienung an Touchscreens angepasst und die Auflösung für HD-Bildschirme aufgeblasen.

Per Tastendruck lässt sich jederzeit zwischen Originalversion und Update hin und her wechseln. Dabei fällt vor allem das auf, was sich nicht verändert hat. Zeitloser als die Benutzeroberfläche ist nämlich der Humor. Batteriesäurehaltigen Grog in schmelzenden Bechern herumzutragen, um damit einen Gefängnisausbruch zu organisieren, mag kein modernes Gamedesign sein, aber die Pointe dieses Witzes bleibt hängen.

Schon vor ein paar Jahren hat sich Ron Gilbert mit Thimbleweed Park noch einmal an einem klassischen Adventure versucht. Auch dabei stand der Humor im Mittelpunkt. Immerhin wollte er ein Spiel machen, das die Erinnerung an damals weckt, ohne alle Macken im Gamedesign zu wiederholen. Für die Finanzierung mussten er und sein Team sich dann auch über Kickstarter an die Fans wenden, die sich noch an damals erinnern konnten.

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Einer der größten Publisher für Indie-Games geht an die Börse. Doch hinter dem Erfolg von Devolver Digital liegen ein paar völlige Fehlschläge.
Devolver Digital ist auch der Publisher des neuen Monkey Island.

Vergrabener Schatz in Disney’s Vault

Direkte Konkurrenz braucht Return of Monkey Island nicht zu befürchten. Zwar leben Adventures dank zahlreicher Indiestudios als Nische weiter, LucasArts wurde vom neuen Eigentümer Disney aber schon lange aufgelöst. Dort herrscht weniger Nostalgie für die vom Fahrgeschäft Fluch der Karibik inspirierte Serie. Das neue Spiel wird von Devolver Digital veröffentlicht, das Budget dürfte sich in Grenzen gehalten haben. Beim großen Konzern lag die Lizenz, anders als Star Wars, jahrelang brach.

Gilbert wollte schon lange gern noch einmal zu seinen Möchtegern- und Geisterpiraten zurückkehren, aber nur mit der vollen kreativen Freiheit – "und das ist unwahrscheinlich, solange mir Monkey Island nicht gehört", sagte er 2020. Damals dürfte die streng geheime Arbeit an der Fortsetzung schon begonnen haben.

Der runde Geburtstag von Monkey Island lässt Gilbert zwar nicht sentimental werden, "aber es bedeutet mir etwas", fügt er dann doch noch an, "dass wir etwas erschaffen haben, das vielen anderen Leuten noch immer etwas bedeutet." Auch wenn die Serie längst selbst zur Nische geworden ist, bleibt Monkey Island ein Kultspiel – und obendrein ein lustiges. Selbst, wenn man die Pointen schon längst kennt.